In den vergangenen Jahren haben sich bei größeren FREMO-Treffen Frustrationen breit gemacht. Häufig war zwar ein interessantes Arrangement konzipiert und ein abwechslungsreicher Fahrplan kreiert worden - leider wurden die Erwartungen an einen anspruchsvollen und vorbildentsprechenden Modellbahnbetrieb aber nur zum Teil erfüllt. Die Ursachen hierfür sind vielfältig und wurden schon mehrfach diskutiert.
Wie soll man sich als FREMO-Mitglied, das an einem interessanten, aber ruhigen Nebenbahnbetrieb interessiert ist, zukünftig verhalten? Die Flinte ins Korn werfen und - zumindest mit Modulen - den größeren Treffen fernbleiben? "NEIN!" dachten sich Roland Feraric und Martin Meiburg, dies kann nicht die Lösung sein. Zeigen wir doch mal bei der nächsten Gelegenheit - der Jahrestagung in Braunlage -, was die FREMO-Betriebsdirektion Hannover unter einem anspruchsvollen Betrieb versteht und wie ein solcher realisiert werden kann.
Schnell waren weitere Mitspieler aus dem Bereich Hannover für die Jahrestagung gewonnen; ein Mangel an hervorragend gestalteten und funktionssicheren Betriebs- und Streckenmodulen herrscht in dieser Region wahrlich nicht. Einzig die Frage nach einem adäquaten Schattenbahnhof blieb zunächst unbeantwortet. Zwar stand Ostende zur Verfügung; dieser ist aber mittlerweile in die Jahre gekommen und auch die Modellbautechnik hat sich seit seiner Errichtung deutlich weiterentwickelt. Nach heutigem Stand sind die einzelnen Module einfach zu schwer und zu unhandlich; zudem ist der Aufbau nur nach einer intensiven Einweisung durchführbar. Also wurde im November 2003 kurzerhand der Entschluß gefaßt, für Braunlage den neuen Schattenbahnhof Linden-Rbf auf die (Modul-)Beine zu stellen.
Eingeplant in das Arrangement wurden zunächst die Module, die bei den Regionaltreffen in Hotteln und Wehmingen quasi zum Inventar gehören: dies sind die Bahnhöfe Audorf (Röder), Carstorf, Hornhausen, Mühlenrade und Steinhorst, viele Streckenmodule und selbstverständlich auch die H0e-Module der Regionalgruppe Hannover. Ergänzt wurde dieses Arrangement durch die Bahnhöfe Hölle (neu gebaut von Joachim Wahl) und Lichtenberg. Damit wäre das Arrangement eigentlich komplett gewesen. Eigentlich, denn für das geplante H0-Hauptarrangement hatten sich ganze drei Teilnehmer gefunden, die sich mit ihren Modulen etwas allein gelassen fühlten. Also wurde den Betriebsstellen „Bahnhof Heiligenhafen“, „Bettenhäuser Industrie-Bahn“ und "Gleisdreieck Deltin" Asyl gewährt; der Anschluß an den Schattenbahnhof Linden-Rbf - und damit an das übrige Arrangement - erfolgte über das Gleisdreieck Deltin.
Die Arrangementplanung und der Entwurf des Fahrplans erfolgten nach dem bewährtem Muster; die Anzahl der Fahrdienste orientierte sich an der Anzahl der definitiv gemeldeten Mitspieler. Da sich sechzehn Mitglieder für die gesamte Dauer der Jahrestagung zur Verfügung gestellt hatten und sechs Betriebsstellen besetzt werden mußten, konnten noch fünf Dienstpläne (zweimännig besetzt) ausgearbeitet werden. Wie nicht anders zu erwarten, wurden die Aufgaben von Martin Meiburg wieder sehr vielseitig gestaltet: neben den „normalen“ Personen- und Güterzügen wurden Zugaben wie Viehverkehr, Stückgutkurswagen und Milchbeförderung eingeplant. Zweifel an der Zugbildung (VT 98 mit zwei bis drei Kühlwagen) konnten durch einen Verweis auf die Fachliteratur (vgl. Band 2 des EK-Buches über Schienenbusse, Seite 290) ausgeräumt werden. Als Besonderheit soll noch zu erwähnt werden, daß der Schattenbahnhof Linden-Rbf nicht nur Rangierbahnhof heißt, sondern auch als solcher in Braunlage betrieben wurde. Fahrplanmäßig bestand keine direkte Verbindung von Heiligenhafen und der Bettenhäuser Industrie-Bahn zu den restlichen Bahnhöfen des Arrangements. Güterwagen mußten daher den Weg über Linden-Rbf nehmen, wo sie in passende Züge eingestellt wurden.
Wie es bei der FREMO-Betriebsdirektion Hannover bereits gute Tradition ist, wurden zur Vorbereitung auf das Treffen wieder umfangreiche und detaillierte Unterlagen erstellt. Neben dem zum Standard gehörenden Bildfahrplan wurde eine Güterzugbildungsvorschrift erarbeitet und es wurden Buchfahrpläne erstellt. Ferner wurde das dem Arrangement und Fahrplan zugrundeliegende Konzept ausführlich beschrieben und ein Verzeichnis der Ladestellen und Anschließer angefertigt. Anhand dieser Unterlagen konnte sich jeder Mitspieler auf das Treffen vorbereiten und z.B. Frachtzettel für die Binnenfrachten oder eine Bahnhofsfahrordnung erstellen. Krönung der vorbereiteten Unterlagen waren Umlaufpläne für die Triebfahrzeuge - wahlweise für die Epoche III oder die Epoche IV. Das Betriebspersonal hatte damit die erforderlichen Informationen in einer professionellen Qualität zur Verfügung, so daß nichts schiefgehen konnte. Zur Sicherheit gab es in Braunlage noch Aushangpläne mit den wesentlichen Informationen.
Wie von Martin Meiburg gewohnt, wurde ein Zeitplan vorgelegt, an dem sich der Betrieb während der Jahrestagung in Braunlage orientierte. Nach dem Aufbau, der von 11:00 bis 16:00 vorgesehen war und reibungslos vonstatten ging, galt es in einer Kurzeinweisung zunächst die für den Betrieb erforderliche Streckenkunde zu erwerben. Die Erbauer der einzelnen FREMOdule wiesen in die Bedienung der Betriebsstellen ein; Martin machte auf Besonderheiten des Fahrplans z.B. Zustellung der Milch- und Viehwagen) aufmerksam. Nach einer Stärkung beim Abendessen wurde die erste Session bis Mitternacht durchgespielt; am Sonntag folgten - unterbrochen durch die Hauptversammlung - zwei weitere. Am Montag wurde die Zeit zurückgedreht und es wurden insbesondere die Triebfahrzeuge - aber auch viele Wagen - von Modellen der Epoche IV, in der bislang gespielt wurde, in Modelle der Epoche III getauscht. In dieser Konfiguration wurden bis zum Dienstag Mittag noch vier weitere Fahrpläne "abgearbeitet". Bei einer Zeitverkürzung von 1:5 erstreckte sich jeder Fahrplan auf etwa drei Stunden.
Das Wissen um den streßfreien, dennoch sehr interessanten und alle Mitspieler zufriedenstellenden Betrieb eines Nebenbahnarrangements sollte kein Insiderwissen bleiben. Die FREMO-Betriebsdirektion Hannover griff die Idee der Convention auf und bot allen interessierten FREMO-Mitgliedern an, im Rahmen von Praxisseminaren in die Aufgaben und Pflichten eines Fahrdienstleiters eingewiesen zu werden, die Tätigkeiten einer Zugmannschaft kennenzulernen oder sich zur Bedienung eines Schattenbahnhofs anleiten zu lassen. Von diesen Angeboten wurde reger Gebrauch gemacht, insbesondere auch von unseren tschechischen Freunden.
Bei der Abschlußbesprechung am frühen Dienstag Nachmittag waren alle Mitspieler mit den vergangenen vier Tagen und dem Betrieb auf dem H0-Nebenbahnarrangement zufrieden. Als positiv wurde herausgestellt, daß ein sehr ausgewogenes Arrangement aufgebaut worden war und ein Tauchen unter die Module nicht erforderlich war. Gelobt wurden auch die guten Fahrplanunterlagen; wer diese beachtete, konnte nichts falsch machen, so daß für keinen Mitspieler der Spielspaß beeinträchtigt wurde. Die Fahr- und Rangierzeiten waren bei einer Zeitverkürzung von 1:5 gut aufeinander abgestimmt. Die H0e-Gruppe orientierte sich bei ihrem Betrieb an der gleichen Uhr, was aber nicht immer reibungslos funktionierte. Die Ursachen hierfür will die H0e-Gruppe noch intern analysieren. Hervorgehoben wurde auch der qualitativ gute Wagenpark; viele Fahrzeuge waren gealtert und auch geeignete Ladegutimitationen standen bereit. Festgestellt wurde, daß die Tendenz zum Austausch der NEM-Radsätze gegen RP25-Radsätze weiter anhält; angestrebt wird in absehbarer Zeit der Ersatz sämtlicher Radsätze mit hohen Spurkränzen.
Diskutiert wurde schließlich, ob das System der Vergabe der Fahrdienste über Crew-Caller nicht geeigneter für eine Jahrestagung sei. Hier überwog jedoch deutlich die Einschätzung, daß das in Braunlage praktizierte Verfahren, die Aufgaben für einen Fahrplantag in einem Dienstplan (Buchfahrplan) zu erfassen und deren Anzahl an der Anzahl der angemeldeten Mitspieler zu orientieren, sich bewährt habe.